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Medieninformation vom 6. Mai 2013

Die Geschichte der Jagd in Anhalt-​Dessau

Wiedereröffnung der überarbeiteten Jagdausstellung im Schloss Oranienbaum

Den Rahmen für die aktualisierte Exposition bilden mehrere restaurierte Räume im Oberschoss des Schlosses, das sich im Laufe des 18. Jahrhunderts vom Witwensitz zum Jagdschloss wandelte.


Anlässlich des Internationalen Museumstages am Sonntag, dem 12. Mai 2013, präsentiert die Kulturstiftung DessauWörlitz im Schloss Oranienbaum die überarbeitete und erweiterte Dauerausstellung "Die Jagd in Anhalt-Dessau".

Obwohl in Anhalt-Dessau insbesondere im 18. Jahrhundert die Jagd gepflegt wurde, haben sich im Gegensatz zu anderen ehemaligen deutschen Fürstentümern keine Gerätschaften für die höfische Jagd erhalten. Dennoch vermitteln in der neu konzipierten Ausstellung historische Jagdwaffen, darunter wertvoll verzierte Armbrüste, Trophäen, Grafiken und Gemälde mit jagdlichen Motiven einen anschaulichen Eindruck von der Bedeutung der Jagd für einen fürstlichen Hof. Als besonderes Ausstellungsstück ist das dankenswerterweise durch eine Spende der Gesellschaft der Freunde des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches e. V. erworbene Monumentalgemälde des in Dessau lebenden Landschaftsmalers Georg Höhn (1812–1879) zu bewundern. Der Schüler Carl Blechens (1798–1840) hat eine stimmungsvolle Elbauenlandschaft – dem eigentlichen Jagdrevier – mit äsendem Rotwild mit großer Einfühlung ins Bild gesetzt. Das ebenfalls beeindruckende Gemälde von Friedrich Scheil (1857–1919) ist eine Leihgabe aus Privatbesitz und ergänzt seit Neuestem die Kabinettausstellung. Ebenfalls neu und aus Privatbesitz kann ein aufwändig gestaltetes Ehrengeschenk für den Staatsminister von Krosigk gezeigt werden. Die gepresste Ledermappe enthält zum einen einige besonders fein ausgeführte Aquarelle zum Thema Jagd in Anhalt, zum anderen die Forst- und Jagdberichte aller anhaltischen Staatsreviere von den Jahren 1893 bis 1902 mit den eigenhändigen Unterschriften der einzelnen Förster.
Sehr wertvoll sind zudem die als Leihgaben aus Museen und Dessauer Privatbesitz ausgestellten Jagdgewehre des 17. und 18. Jahrhunderts. Vor allem der Unterstützung durch private Leihgeber ist es zu verdanken, dass diese feine Kabinettausstellung zur Jagd in Anhalt gezeigt werden kann. Für den diesjährigen Internationalen Museumstag hat der Internationale Museumsrat ICOM das Motto „Museum (Memory + Creativity = Social Change) ausgerufen. Unter dem Titel „Vergangenheit erinnern – Zukunft gestalten: Museen machen mit!” beteiligen sich Häuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz an diesem Museumstag.

Ort: Schloss Oranienbaum, Schlossstraße 10, 06785 Oranienbaum-Wörlitz, OT Oranienbaum
Eröffnung der Dauerausstellung: 12. Mai 2013, 11.00 Uhr
Öffnungszeiten: Mai bis September: Di bis So, Feiertage 10.00 bis 17.00 Uhr
Oktober: Sa, So, Feiertage 10.00 bis 17.00 Uhr

Das Schloss Oranienbaum

Etwa neun Kilometer östlich von Dessau entfernt liegt der Ort Oranienbaum, eine der wenigen weitgehend erhaltenen barocken Ensembles aus Schlossanlage und Stadt. Begründet wurde er von Henriette Catharina von Oranien-Nassau (1637–1708), der Urgroßmutter des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817). Die Anlage wurde ihr Witwensitz. Die glanzvollen Zeiten für das Schloss Oranienbaum enden mit dem Tod der Fürstin Henriette Catharina im Jahr 1708. Ihr Sohn, Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau (1676–1747), der Alte Dessauer genannt, nutzte das Haus, wie auch dessen Nachfolger, vor allem als Jagdschloss, zumal in den umliegenden Wäldern ein reicher Wildbestand herrschte. Dazu musste das Schloss notwendigerweise an die neuen Bedürfnisse angepasst und modernisiert werden. Erforderlich waren vor allem zusätzliche Schlafkammern für Jagdgäste und Personal. Zu diesem Zweck wurden im Obergeschoss des Hauses die vier Eckräume im Corps de Logis geteilt, so dass aus diesen acht kleinere, quadratische Zimmer entstanden. Teilweise wurden die Decken mit neuen klassizistischen Stuckverzierungen versehen. Die beiden Säle in den Obergeschossen der Schlossflügel wurden ebenfalls maßgeblich verändert. Aus ihnen entstanden jeweils drei Räume mit einem langen vorgelagerten Korridor.

In den grundlegend restaurierten Kammern des nördlichen Flügels wird in einer überarbeiteten Dauerausstellung an die Jagdleidenschaft der Dessauer Fürsten im 18. Jahrhundert erinnert. Eine besondere Rolle spielt dabei die Parforcejagd, bei der Hirsche von Reitern und Hundemeuten gehetzt und dann gestellt wurden. Eine solche Parforcejagd, wie sie Leopold in Anhalt-Dessau nach französischem Vorbild einführte, machte einen großen und kostspieligen Aufwand an Personal, Hunden und Material erforderlich. Zahlreiche auswärtige Jagdgäste folgten gerne den Einladungen der Dessauer Fürsten. Anhalt-Dessau war während der Herrschaft Leopolds I. einer von zehn deutschen Höfen, die
sich eine ständige Jagdequipage leisteten. Trotz aller Vorbehalte, die die Aufklärung gegen diese feudale Jagdweise hatte, hielt auch noch Fürst Franz bis ins hohe Alter an dieser Jagdform fest.

Die Jagdtradition in Anhalt

Die Askanier liebten die Jagd und betrieben sie mit Begeisterung. Sie luden sogar zur aufwendigen Parforcejagd ein. Diese hatte ihren Ursprung in Frankreich (par force = mit Gewalt) und wurde daher auch als französische Jagd bezeichnet. Bei dieser Hetzjagd wird die jagende Hundemeute hoch zu Ross begleitet. Nur wenige deutsche Fürstenhöfe leisteten sich im 18. Jahrhundert das kostspielige Vergnügen, wie etwa die Kurfürsten von Bayern, Hannover und Sachsen, der Herzog von Sachsen-Weimar und die Könige von Preußen. Friedrich der Große (1712–1786) schaffte aus besagtem Grund diese Jagd sogar ab. Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau führte die Parforcejagd im Oktober 1709 in Anhalt ein und betrieb sie zeitlebens voller Leidenschaft. Zeitgenossen konstatierten, dass die Jagd neben dem Soldatenwesen sein größtes Vergnügen gewesen sei. Sein in Respekt verbundener Dienstherr, König Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1688–1740), schenkte Leopold I. ein Waldstück in der Colbitz-Letzlinger Heide. Leopolds zweiter Sohn, Leopold II. Maximilian (1700–1751), der die Regierungsgeschäfte übernehmen sollte, liebte Soldatenwesen und Waidwerk ebenso. Der Vater von Fürst Franz war von 1715 bis 1747 Chef des 27. Musketier-Regiments in der Garnison Gardelegen. In Salchau ließ er für sich mit Unterstützung des Königs ein Jagdhaus nebst Lustgarten und Stall errichten. Nach seinem frühen Tod im Jahr 1751 übernahm sein Bruder Fürst Dietrich vormundschaftlich die Regierungsgeschäfte in Dessau. Er unterwies den verwaisten Erbprinzen Leopold Friedrich Franz auch in der Jagdkunst. Dieser ließ während seines langen Lebens der Jagdlust ihren freien Lauf und entwickelte sich in der Folgezeit zu einem der berühmtesten Jäger in Europa.

Für ein immer verfeinertes Waidwerk musste eine entsprechende Infrastruktur in Dessau hergestellt werden. Nach 1748 ließ Prinz Eugen (1705–1781), vierter Sohn des Alten Dessauers, in der Dessauer Kavalierstraße 6 ein zweigeschossiges Fachwerkhaus errichten, das sogenannte Fürstliche Jägerhaus. Es wurde erst 1872 abgerissen und ist bildlich durch eine Fotografie von Gustav Völkerling überliefert. Das Haus nahm die Wildmeisterei, die Wildkammer, den Wildmeister, die Jagdbedienten, Hundewärter, Wildräucherei und den Räucherknecht auf; in den Hundeställen stand die Hundemeute. Über der Einfahrt waren zwei Hirschtrophäen angebracht. Die Dessauer Hundemeute bestand aus bis zu 400 Hirsch- oder Parforcehunden, einer Kreuzung aus englischen, französischen und deutschen Jagdhunden (Levesque, Grand Bleu de Gascogne, Fox Hound). Das Wild lebte in großen Gehegen in der Auenlandschaft und wurde dort gefüttert und gepflegt. Davon künden in der Dessauer Landschaft noch verschiedene Flurnamen wie Tiergarten und Saugartenallee.

Der Zeitgenosse und Jagdexperte George Franz Dietrich aus dem Winkell berichtet in seinem „Jagdhandbuch” ausführlich darüber: „In Dessau stehen an jeder der beyden Fütterungen 70, 80 und mehrere Hirsche. Haben sie sich, um andere Aesung zu suchen, davon entfernt, so kann sie der Jäger mit dem Pferde gemächlich näher treiben. Hat er dann Heu auf die Raufen gesteckt und Hafer oder Eicheln in kleinen Häufchen auf dem Erdboden herumgestreuet, so kommen sie, dem wiederholten Rufe:
Komm Hirsch! Zu Folge, heran, und sind so ruhig bey der Aesung, daß der ihnen bekannte Jäger unter denselben herumreiten, auch zuweilen einige mit den Händen berühren kann. Dies Schauspiel, an welchem mehrere Zuschauer ganz in der Nähe Theil nehmen dürfen, gewährt gewiß jedem Jagdliebhaber ein hohes Vergnügen.”
Dieser Bericht deckt sich fast wörtlich mit dem Folgenden. Auch der Erbprinz Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin (1778–1819) ist 1796 schwer beeindruckt: „Er [Fürst Franz] war so gütig mit uns auf die Hirschfütterung zu reiten, welches ein ganz interessantes Schauspiel ist. Der Bezirk nach welchem wir ritten ist ohngefähr eine Stunde weit entfernt. Im Winter werden die Hirsch stets gefüttert. Man siehet alsdann etliche 80 Stück Hirsche versamlet, die so sehr daran gewohnt sind Mensche zu sehen, daß man zwischen sie durchreiten kann, ohne daß sie davonlaufen. Ein jeder davon hat seinen Nahmen, die alle in einem Register verzeichnet sind. Diese Hirsche werden nie geschossen, sondern alle zur Parforcejagd gehegt, wovon der Fürst ein großer Freund ist, und die hier sehr im großen betreiben wird. Man unterscheidet die Hirsche durch die Verschiedenheit ihres Gehörns, so daß man stets den Hirsch bestimmen kann, der gejagt werden soll. Dergleichen Fütterung gibt es mehrere. Das sonderbarste dabei ist daß sie auf zwei Meilen weit her kommen, und nach der Fütterung wieder zurückkehren.”
Auch Schleppjagden, die seit einigen Jahren wieder im Gartenreich Dessau-Wörlitz veranstaltet werden, wurden damals als Training für Meute und Reiter durchgeführt. Die Hunde lernten hierbei unter anderem, während der Verfolgung der Spur zu pausieren, um den Pferden und Reitern eine Verschnaufpause zu verschaffen oder um die Meute wieder zusammenzubringen. Allein für den Zeitraum von 1781 bis 1809 sind 729 erlegte Hirsche bezeugt. Aus dem Jahre 1781 ist bekannt, dass von 30 angejagten Hirschen 25 abgefangen wurden, von den 25 Halalis (Jagdende) waren 18 Wasserhalalis. Die letzte Parforcejagd fand 1812 in Dessau statt. Die einst von Fürsten Dietrich entfachte und geförderte Jagdleidenschaft des Fürsten Franz muss bisweilen beängstigende Dimensionen angenommen haben. Gegenüber seinem Vertrauten Friedrich Christian Gottlieb Reil (1772–1849) soll der Fürst selbst geäußert haben: „Wir trieben es oft recht arg und bis zum Übermaaß. Vornehmlich war es die Jagd, welche die Engländer so leidenschaftlich lieben und die auch meine Passion war, die mich fortriß und nicht selten in Gefahr brachte, Hals und Bein zu brechen; denn aus einem Lehrlinge der tollen Jäger wurde ich bald ihr Meister … Dem armen Erdmannsdorf (sic!), feiner organisiert als wir, weniger kräftig und ruhigen Blutes, wurde oft himmelangst. Er konnte nicht mit uns fort und doch wollte er um meinetwillen nicht zurückbleiben. Er machte mir stets die verdientesten Vorwürfe und brachte mich am leichtesten dadurch zur Besinnung, wenn er mir zurief >Es lebe Dessau, das einen Fürsten braucht!<”
 

 
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Schloss Oranienbaum

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